Mittwoch, 11. Januar 2012

Schloss Elmau 10. Januar, 19 Uhr Henschel Quartett

58. Kammermusikwoche "Quartett Plus"
19 Uhr

Henschel Quartett
Gerold Huber, Klavier
Bernd Konzett, Kontrabass

Erwin Schulhoff (1894-1942)
Streichquartett Nr. 1, 1920
Presto con fuoco

Monika Henschel-Schwind, die weibliche Seele des Quartetts, begrüßte uns und berichtete, dass dieses Stück eines ihrer Paradestücke ist.
Das Stück beginnt Unisono, dann "raucht's", wie es in der Satzbezeichnung heißt.
Weiter ging es mit Melodie und Klangfarbe, die mich an die Moldau erinnerten. Durch Flageolett, Pizzicati, eine Art "hammer on"  und Glissandi entwickelte sich ein sphärenhafter Klang.
Weiter geht es rhythmisch interessant, wieder einige Takte unisono, der Cellobogen schlug die Saiten, es klang nach Pferdegetrappel. Interessante Klangfarben, es endete furios.
Im Finalsatz begann die 2. Violine mit einem tick-tack, tick-tack, das am Ende über "Herzrhythmusstörungen" (= tick-tack mit Aussetzern) schließlich in einem fade away ausklang.

Applaus vom fachkundigen Publikum.

Dann gesellten sich Gerald Huber am Klavier und Bernd Konzett zum Henschel Quartett.
Auf dem Programm stand:

Franz Schubert (1797-1828)
Klavierquintett A-Dur D667, op. post. 114, "Forellenquintett"

Im ersten Satz schwelgte das Quartett in Harmonien, wir erlebten ein eingespieltes Quintett, dass auch mit Klavier und Kontrabass sehr gut harmonierte. Frau Henschel-Schwind strahlte immer wieder ihre Kollegen an, die aber vor lauter Konzentration dieses mädchenhafte Strahlen nicht erwiderten.

Der 2. Satz war getragen (warum ist der 1. Geiger so zappelig?). Es klint wie Gesang, schwermütig, klagend, fragend mit wunderbaren Passagen für Viola und Cello.

Den 3. Satz kann man keck nennen.

Schließlich 4. Satz mit Finale und dem so bekannten Thema mit Variationen, zunächst vorgestellt von der Violine, dann die Variation im Klavier, der Viola, dem Cello und schließlich dem Kontrabass. Das Klavier umspielt die Melodie lebhaft, moduliert kurz nach Moll (?), wird humoresque und wird über ein lamento wieder geradezu volkstümlich.

Das Publikum war begeistert und ließ die Künstler erst nach einer Zugabe von der Bühne. Sie spielten nochmal Thema und 1. Variation.

Wieder ein gelungenes Abendkonzert. Danke!

Dienstag, 10. Januar 2012

Schloss Elmau 10. Januar 2012

58. Kammermusikwoche "Quartett Plus"
Dienstag 10. Januar 2012, 11 Uhr

Sonia Wieder-Atherton, Violoncello
Bruno Fontaine, Klavier

Chants Juifs (Projekt von 1999)
Dimitri Schostakowitsch (1906-1975), Cellosonate D-Moll op. 40 (1934)

Sonia Wieder-Atherton ist french-american.
Im Programm steht:
Der Zyklus jüdischer Lieder entstand bei Sonia Wieder-Athertons Suche nach traditioneller hebräischer Musik, welche das jüdische Volk über Jahrzehnte hinweg begleitete und prägte.
Sonia Wieder-Atherton war tief beeindruckt und inspiriert durch den Gesang der jüdischen Kantore.

link: HP von Sonia Wieder-Atherton - Projekt Jewish Songs
link: Amazon Jewish Songs


                                          Die Bühne ist bereit für die beiden Künstler



                                          Blick von der Bühne in den Konzertsaal
             

Aus ihrem Projekt Jewish songs stellte die Cellistin uns 5 Stücke vor:

Priere: Ein Cello Solo. Das Cello, ideales Instrument für das flehende, klagende Gebet. Sehr innig-kraftvoll gespielt.

Psaume: Beginnt nachdenklich, schlägt dann um in eine Ausgelassenheit, die die Künstlerin mit dem Fuß stampfen lässt.

Nigun: Ein jüdisches Lied mit ungemeiner emotionaler Tiefe, sehr variantenreich im Tempo, wird
geradezu tänzerisch, ungestüm.

Conversation: Ein Stück, das mich nicht besonders "erreicht" hat, sei's drum.

Elegie: Sehr beeindruckend hingegen dieses letzte Stück aus dem Projekt. Schwere im Klang des Klaviers. Das Cello spielt weite Teile nur auf der 3. Saite (G), - ja, ist mir aufgefallen -, erst
als die Melodie sich wie abschweifende Gedanken entwickelte, kam die 4. Saite (C) dazu.

Anerkennender Applaus des sehr aufmerksamen Publikums.


Dann ein eindrucksvolles Werk. Schostakowitschs Cellosonate.

Allegro non troppo: Ein Energie geladener Satz. Der Pianist Bruno Fontaine schob energisch sein Kinn vor. Es entwickeln sich 2 Themen, dann Tempowechsel und wunderbare Harmonien im Klavier. Der Satz gewinnt an Dynamik, die Künstler spielten, was ihre Instrumente hergeben um dann für das Cello in Pizzicati zu münden. Das Piano klingt nach Jazz, ich liebe das! Im zweiten Teil schien das Piano frei zu assoziieren, meine Gedanken gingen spazieren.

Allegro: Ein furioser Satz. Das Piano zauberte Klänge, dass ich aufschaute um zu sehen, wo dieser silbernhelle Klang herkam. Die gegriffenen Akkorde in den hohen Tasten klangen fast wie ein Xylophon. Das Klavier reibt sich aufmüpfig mit der Melodie im Cello.

Largo: Im Finalsatz beginnt das Klavier schelmig bis grotesk, dann wirds's überaus virtuos v.a. für's Klavier. Große Linien führen durch alle Lagen, um dann wieder wie bei einer Kindermelodie zu landen.

Viel Applaus, auch Bravo Rufe.

Wir freuten uns an der Zugabe. Ein Präludium von Schostakowitsch. Allein schon durch seinen 3/4 Takt entfaltete es einen gewissen Charme.

Eine großartige Cellistin, kultiviertes Temperament möchte ich es nennen. Nett zu beobachten, wie sie mit den Füßen stapfte, wenn das Cello als Instrument ihr Intensität nicht ausdrücken konnte.
Ebenbürtig der Pianist Bruno Fontaine, der sensibel begleitete, durch ein leichtes Kopfdrehen zur Cellistin Blickkontakt hielt, aber durchaus bei den solistischen oder auch virtuosen Passagen sich voll entfaltete.




Montag, 9. Januar 2012

Schloss Elmau 9. Januar 2012, Nicholas Angelich

58. Kammermusikwoche "Quartett Plus"
Montag, 9. Januar 2012, 11 Uhr

Nicholas Angelich, Klavier

Ludwig van Beethoven (1770-1827)

Klaviersonate Nr.5 c-Moll op.10 Nr. 1
Klaviersonate Nr.14 cis/Moll op. 27 Nr. 2 (Mondscheinsonate)
Klaviersonate Nr. 32 c-Moll op. 111

Also, fangen wir mal vorne an.
Wer Herrn Angelich diese Klamotten verkauft hat, der gehört bestraft!
Zum Glück ist er nicht, wie wir alle befürchteten, über seine allzu lange Hose gestolpert.
Ich weiß, ich weiß, es geht um hehre Kunst und nicht um outfit... also gut.

Eine Eigentümlichkeit, die ich mir nicht recht erklären kann, außer vielleicht "entrückt sein" ist sein Blick zu Boden, wenn er die Bühne betritt. Diesen abgewandten Blick kenne ich nur von Blinden... sorry.
Wenn Herr Angelich, zweifelsohne ein Weltklassekünstler eine Hand auf den Flügel legt, um sich zu verbeugen, so implodiert er geradezu, verbeugt sich ungewöhnlich tief.

Um es vorweg zu nehmen, bei der persönlichen Begegnung hinter der Bühne ist Herr Angelich ein seeehr angenehmer Zeitgenosse. Schaut mir offen in die Augen, erwidert durchaus meine überschwängliche Umarmung, zu der ich mich in meiner Begeisterung habe hinreißen lassen. Den Hauch von Scheu, der bleibt, finde ich durchaus anziehend bei Männern.
So, jetzt ist das auch mal gesagt.

Zurück zur Musik. Ja, und dann setzte sich dieser große, schwere Mann ans Klavier und spielte, dass ich nur so staunte. Wie kann dieser Mann so zart, geradezu andächtig spielen! Ich war jedenfalls hin und weg, ihm diente diese 1. Beethoven Sonate vielleicht zum Warmlaufen.

Der 2. Programmpunkt, Mondscheinsonate, da könnte man vielleicht meinen, dass man die nicht mehr hören kann, aber ich muss sagen, live und so geheimnisvoll interpretiert war ich durchaus gepackt.

Die Klaviersonate Nr 32 schließlich hat mich durch viele Gefühlsregungen geschickt. Die Arietta war so schlicht, so anmutig und ergreifend, dass nicht nur mir eine scheue Träne über's Gesicht gelaufen ist.

Das Publikum begeistert, trampelnd, Bravo rufend... nicht locker lassend.

Seine Zugabe J.S. Bach (mein Nachbar meinte Partita No 2) holte uns wieder ins Hier und Jetzt zurück.

Nicholas Angelich hatte sein Rose nach der Zugabe auf dem Flügel vergessen, für mich ein willkommener Aufhänger zu ihm zu gehen und ihm für das wunderbare Konzert zu danken.






Schloss Elmau 8. Januar 2012

58. Kammermusikwoche "Quartett Plus" vom 7. - 14. Januar 2012

Dr. Silke Zimmerman ist Artistic Director in Schloss Elmau und hat wieder ein wunderschönes Programm mit Weltklasseküstlern und jungen Musikern auf die Beine gestellt.

Ich bin nur vom 8. bis 11. Januar hier, also kann ich nur mit Tag 2 anfangen.


Sonntag, 8. Januar 19 Uhr, Konzertsaal Schloss Elmau

Renaud Capucon, Violine
Aki Sauliere, Violine
Beatrice Muthelet, Viola
Gautier Capucon, Violoncello

Robert Schumann (1810-1856)
Streichquartett Nr. 2 F-Dur op. 41 Nr. 2

Wolfgang Rihm (*1952)
Fetzen 1

Franz Schubert (1797-1828)
Sätze für Streichquartett

Claude Debussy (1862-1918)
Streichquartett g-Moll op. 10

Wenn mein Lieblingscellist und sein Bruder die Bühne betreten, dann bekomme ich schon Herzklopfen!
In der nahezu Privatatmosphäre des wunderschönen Konzertsaals von Schloss Elmau freuten sich ca 100 Musikliebhaber auf ein besonderes Konzert, und es wurde ihnen geboten!
Die Herren in gepflegtem Schwarz, die Damen Schwarz/Weiß. Gautier mit dunklem Vollbart, (sorry, das geht mal gar nicht. Ich konnte sein so charmantes Lächeln gar nicht sehen... och Mann)
Gleich zu Beginn war klar, Renaud ist der Herr im Haus, Gautier in bekannt versierter Manier sein herausragender Kammermusikpartner, strahlend Aki, eher zurückhaltend aber voll dabei Beatrice.

Der Schuhmann gefiel, war ja vertraut, quasi zum eingewöhnen.

Von Rihm, dem wohl bekanntesten zeitgenössischen deutschen Komponisten wurde Fetzen 1 gespielt. Wir erwarteten ein kurzes, lebhaftes, geradezu dahingetupftes Werk und so war's dann auch. Im Gegensatz zu meinem ersten Kontakt mit Rihm in Verbier war dieser Kontakt durchaus nicht strapaziös. Ich war verblüfft, sogar parallele Tonführung über einige Takte zu hören. Die jungen, engagierten Künstler spielten konzentriert und engagiert. Der Applaus war verdient.
Beim Verneigen nett zu erleben, wie die Künstler sich anstrahlten, Freude an der Musik hatten und das dem Publikum vermittelten.

Ohne Pause ging es weiter, es kam Schubert. Das Stück bekannt, der Vortrag ergreifend. Wunderbar, wie das Quartett, das viel zu selten Zeit findet, zusammenzukommen, bei diesem Stück sich die Führung der Stimmen gegenseitig zuspielte. Ich liebe das, den Wechsel des führenden Instruments mit den Augen und mit dem Hinhören zu verfolgen. Zwischenrein ein Lächeln, das den Musikern über's Gesicht huschte.... goldig.

Inzwischen hatten sie fast 1 Stunde gespielt, trotzdem, wie immer in Elmau, ohne Pause weiter.

Es kam der Höhepunkt des Abends: Debussy.
Was für ein Farbenreichtum, was für ein Schwelgen in Melodie und Klang! Die jungen Musiker spielten mit voller emotionaler Kraft. Das höchst aufmerksame Publikum folge in gleichem Puls und Atem. Zwischen den Sätzen atemlose Stille.

Am Ende strahlende Musiker, begeistertes, applaudierendes, trampelndes Publikum.
Wir wollten die Musiker einfach nicht gehen lassen.... und wurden belohnt, sie spielten nochmal einen Satz aus dem Programm von Debussy.

Mit Bravo Rufen und begeistertem Applaus ließen wir die Musiker dann doch von der Bühne.

Ausgesprochen angenehm, hier in Schloss Elmau solche Kammermusikwochen miterleben zu können, denn man geht schnurstracks vom Konzertsaal zum phantastischen Abendessen in netter Runde.